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STIPENDIUM IM MUSEUM

Schmiede des Manufakturelle Schmuckgestaltung e. V.

Stipendiat*innen bloggen über ihre Projekte

Für Absolvent*innen des Studiengangs Schmuck der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim vergibt die Pforzheimer Firma C. Hafner seit 2011 regelmäßig ein Stipendium. Die Gewinner*innen arbeiten drei bis sechs Monate lang in der historischen Goldschmiede des Deutschen Technikmuseums in Berlin, um mit den manufakturellen Techniken zeitgenössischen Schmuck in Kleinserien oder Unikate herzustellen. ​

Es geht hierbei um die Vermittlung, Bewahrung und Tradierung der alten Verfahrenstechniken durch junge Schmuckschaffende. Auf diesem Blog werden die Erfahrungen und Ergebnisse der Stipendiat*innen zusammengetragen. 

Schmiede des Manufakturelle Schmuckgestaltung e. V.

Anna Fink

Emaillierte Guilloche – Guillochiertes Emaille und mehr

Stipendiatin 2019

 

 

21.11.2019

Logbucheintrag 21/11

 

Abfahrt: Ulm 13:12 Gleis 2 
Ankunft: Berlin 19:29 Gleis 7

 

Hallo Berlin, Hallo Museum, Hallo Du!

Ich bin Anna. Und mittlerweile wohne ich schon eine ganze Weile im Museum. Ich hatte also Zeit, mich in ein paar Techniken der manufakturellen Schmuckherstellung hineinzufuchsen, mir Wege und Gesichter einzuprägen (das Technikmuseum ist tatsächlich so riesig, wie es meine Vorgänger schon beschrieben haben) und verschiedene Abteilungen des Museums kennenzulernen, meine Erkundungsexpedition ist aber noch lange nicht vorbei.

Die Werkstatt für Manufakturelle Schmuckproduktion – mein eigentliches neues Zuhause – war mir schon zu Beginn des Stipendiums ein wenig vertrauter, da ich während meines Bachelorstudiums in Pforzheim im Rahmen des Pforzheim Revisited Projekts bereits die Gelegenheit hatte, Werkstatt und Techniken kennenzulernen. Die Zeit im Technikmuseum habe ich schon damals sehr genossen, nicht zuletzt durch die unermüdliche Unterstützung und den ansteckenden Enthusiasmus der erfahrenen Spezialisten, die damals mein Interesse an den alten Techniken weckten. Die historischen Arbeitsgeräte, die im Technischen Museum bis heute ihre Dienste leisten, bringen nicht nur das Know How von Generationen zusammen, sondern sorgen auch für das Bewahren, die Weitergabe und im besten Falle für eine Weiterentwicklung oder zeitgemäße Neuinterpretation eben dieser Techniken. 

Ich bin super froh und auch dankbar, dass ich die Gelegenheit habe, mich für ein paar Monate voll und ganz auf die Maschinen und Arbeitsweisen einzulassen und in diesem inspirierenden Umfeld arbeiten zu dürfen. In meinem Fokus stehen die Techniken des Emaillierens und des Guillochierens; es gilt deren Kombinationsmöglichkeiten zu erforschen. Ich bin fasziniert von Eleganz und Anmut dieser Techniken und deren Geschichte. Außerdem stimmen mich die geduldigen und präzisen Arbeitsschritte zufrieden, vor allem das Guillochieren fühlt sich oft fast meditativ an, fast so, als spreche die Maschine ein Mantra…


 

26.11.2019

Logbucheintrag 26/11

 

Der amerikanische Künstler Adam Green schreibt in seinem Guide to Becoming an Artist unter Punkt 4.: 

Let your emotions guide the medium. If you are a songwriter, let your emotions guide the melody into words. If you are a visual artist, let your feelings enter into the lines and colours.

Beim Arbeiten in der Werkstatt, vor allem an der Guillochiermaschine, frage ich mich immer wieder, wie viel von meiner ganz eigenen Melodie am Ende in diesem strengen Muster liegt. Wie bringe ich Gefühl und Emotion in die historischen, fast schon puristischen Arbeitsweisen und schweren, für Akkordarbeit ausgelegten Maschinen?  

Lines

Das Guillochieren ist eine Art der Oberflächenveredelung, die bereits vor mehr als 300 Jahren entwickelt wurde. Die Guilloche überzieht hierbei die Oberfläche eines Metalls mit einem regelmäßigen Netz aus feinen Schnittlinien, die gerade oder geschwungen sein können. Diese hochglänzenden Linienmuster verleihen dem Werkstück eine schillernd leuchtende Erscheinung. Selbst die kunstvollsten Guillochen können auf eine Zickzack-, Faden- oder Wellenlinie zurückgeführt werden. Mich fasziniert die Vielfalt an Ornamenten, die diese ‘einfachen’ Linien hervorbringen können. Außerdem gefällt mir die ruhige und konzentrierte Arbeitsweise, die immer wieder gleichen Handbewegungen und die Geräusche der Maschine etwa beim Transport, dem Versetzen des Stichels. Unzählige Linien bespielen die Oberfläche des Werkstückes, jede einzeln ausgeführt. Für mich steht fest, dass ich größtenteils Tombak und Silber guillochieren werde, schließlich möchte ich die feinen Muster später mit einer Emailleschicht veredeln. Inspirationen habe ich mir im Nachlass von Walter Zaiß geholt, einer Guillochierlegende aus Pforzheim. Walter Zaiß hat im hohen Alter nach Jahren der Akkordarbeit sehr viele wunderbar ‚andere’ Guillochmuster entworfen und umgesetzt. 

        

Am besten gefallen mir die übereinander liegenden Muster, bei denen schwer zu rekonstruieren ist, wie genau sie hergestellt wurden, da man kaum noch einzelne Linien erkennen kann. Sie wirken fast psychodelisch, was zur tranceartigen Arbeitsweise des Guillochierens passt. 

       

           

Was mich außerdem bei vielen Guillochen fasziniert, ist die Lichtbrechung, die das Muster nur kurz aufblitzen lässt. Ein kurzer Lichtschimmer, der nicht greifbar wie eine Art Heiligenschein über der Metalloberfläche schwebt.


 

06.12.2019

Logbucheintrag 06/12

Colours

Farbe aus dem Feuer – Email! Die alten Hasen unter Euch wissen Bescheid – es folgt dennoch eine kurze Einführung: Email bezeichnet eine auf das Metall fest aufgeschmolzene meist bunte Glasschicht, die zur Gestaltung der Oberfläche eingesetzt wird. Das Email oder die Emaille wird meist in Form von Pulver auf das vorher gründlich gesäuberte Metall (vorzugsweise Kupfer, Tombak, Silber und Gold) aufgeschmolzen. Die Emaillierkunst hat eine lange Geschichte – die ältesten bekannten Emailarbeiten reichen bis ca 1.400 vor Christus zurück! Schon die Alten Ägypter kannten diese Technik, die zugegebenermaßen hin und wieder von einer dünnen Staubschicht befreit werden musste, jedoch bis heute nicht in Vergessenheit geraten ist. 

Mich fasziniert dieser glasig glänzende Überzug, ich liebe die Farbenvielfalt und die Spannung, wenn man das frisch gebrannte Stück aus dem Ofen nimmt. Das Ergebnis ist (wenn man nicht gerade ein Vollprofi auf dem Gebiet ist) nicht zu 100% steuerbar, gespannt wie ein Flitzebogen stehe ich also vor dem Ofen und freue mich vor allem auf die nicht vorhersehbaren Dinge, die bei ca 820°C im Ofen passieren. Die gesamte Prozedur hat etwas Alchemistisches, fast schon Magisches, es macht einen Heidenspaß!

         

         

An den guillochierten Blechen jedoch kann man sich dann schon mal die Zähnchen ausbeißen. Mal war die Emailleschicht zu stark, dann wieder zu dünn. Die transparenten Farben müssen in einer Engelsgeduld ausgewaschen werden und einige Farben musste ich mehrmals abschleifen und nochmals brennen, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Hier ein paar Versuche: 

            

 


 

03.02.2020

Logbucheintrag 03/02

 

Wer hat an der Uhr gedreht?

Einen Jahreswechsel später melde ich mich zurück aus Zimmer 508. Der Dezember verging wie im Flug – vermutlich bedingt durch die weihnachtliche Vorfreude, eine verzaubernde Weihnachtsfeier im Museum und einen Kurzurlaub zuhause im Süden. Ich habe eine kleine Exkursion in die Kofferproduktion unternommen und zusammen mit der lieben Johanna einen Koffer gemacht. Meinen ganz eigenen Reisekoffer, der mir ein ganz besonderes Andenken an meine Zeit im Museum sein wird! Außerdem habe ich Ende des Jahres ein paar museale Seitensprünge unternommen. Ich habe mich im Spektrum inspirieren lassen, habe Halt gemacht im Hamburger Bahnhof, einen Spaziergang durch den Garten der irdischen Freuden im Gropiusbau ums Eck unternommen, im Futurium einen Blick in die Zukunft geworfen, Helmut Newtons Fotoimperium beäugt, im Museum Europäischer Kulturen über Dinge des Lebens erfahren und mich im Kunstgewerbemuseum von afrikanischem Design inspirieren lassen. Die Mixtur aus Geschichte, Architektur, Kunst und Wissenschaft, diese besondere Atmosphäre, die mit den Museumsbesuchen einhergeht, inspiriert ungemein.

         

         

   

Aber nun zu den Hauptakteuren dieses Blogs – den Bewohnern der Heiligen Hallen der Manufakturellen Schmuckproduktion!

Emaillierte Guilloche – Guillochiertes Emaille

Die Kombinationsmöglichkeiten des Guillochierens und Emaillierens galt es also für mich zu untersuchen. Linie und Farbe. Nachdem ich ein paar Versuche unternommen hatte, guillochierte Tombakbleche zu emaillieren, wollte ich nun den Spieß umdrehen und versuchen, bunt emaillierte Bleche zu guillochieren. Schnell war klar, dass der Stichel der Guillochiermaschine auf der harten Glasoberfläche des Emails kaum Spuren hinterlassen würde. Ein Diamantfräser sollte also den Stahlstichel ersetzen, doch musste dieser, um im vollen Ausmaß genutzt werden zu können, mitsamt Handstück und Mikromotor in die Guillochiermaschine integriert werden. Die Konstruktion sieht abenteuerlich aus, erfüllt ihren Zweck jedoch einwandfrei. Zu Beginn hatte ich Schwierigkeiten, die Linien gleichmäßig in das Emaille zu fräsen. Die zusätzliche Beinarbeit erforderte etwas mehr Konzentration, aber mit der Zeit klappte auch das. 

      

      

Ich sitze also an der Guillochiermaschine und setzte Linie um Linie. Es ist ein Zusammenspiel der Linien und Farben, aber auch ein Zusammenspiel meiner Idee, meiner Intuition und der Umsetzung durch die Maschine. Wieviel gibt die Maschine vor, was steuere ich, und wie kann ich auch etwas dem Zufall überlassen? Die Kombination beider Techniken (Emaille und Guilloche) vereint nicht nur Linie und Farbe, sie verbindet die penible Stringenz der Guilloche mit der Impulsivität des Emailles. Vorhersehbar und genauestens steuerbar auf der einen, und doch ungeheuer aufregend und etwas unberechenbar auf der anderen Seite.

Räucheremaille

Um den „Überraschungseffekt“ des Emailles noch ein wenig zu verstärken und um ihm eine persönliche Note zu verleihen, machte ich einige Experimente mit heißen, frisch aus dem Ofen entnommenen emaillierten Blechen. Ähnlich wie bei der japanischen Keramikbrenntechnik Raku, „erstickte“ ich die heißen Teile mit Sägemehl, oder legte sie auf ein Bett von Laubblättern. 

         

      

 

Vom Plissieren und Pressen

Linien und Muster. Auch die exotische Plissierwalze mit ihren Mustervarianten und Kombinationsmöglichkeiten hat es mir angetan. Erstaunt war ich vom Ergebnis eines Pressversuchs mit plissiertem Metall. 

      

         


Außerdem: Guss, Maleremaille, Fensteremaille, . . .

         

         

         

             

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