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STIPENDIUM IM MUSEUM

Schmiede des Manufakturelle Schmuckgestaltung e. V.

Stipendiat*innen bloggen über ihre Projekte

Für Absolvent*innen des Studiengangs Schmuck der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim vergibt die Pforzheimer Firma C. Hafner seit 2011 regelmäßig ein Stipendium. Die Gewinner*innen arbeiten drei bis sechs Monate lang in der historischen Goldschmiede des Deutschen Technikmuseums in Berlin, um mit den manufakturellen Techniken zeitgenössischen Schmuck in Kleinserien oder Unikate herzustellen. ​

Es geht hierbei um die Vermittlung, Bewahrung und Tradierung der alten Verfahrenstechniken durch junge Schmuckschaffende. Auf diesem Blog werden die Erfahrungen und Ergebnisse der Stipendiat*innen zusammengetragen. 

Schmiede des Manufakturelle Schmuckgestaltung e. V.

Luisa Fastabend

Ein Koffer in Berlin und Experimente mit Corian

Stipendiatin 2015

 

 

22.04.2015

Ich habe einen Koffer in Berlin….

Nach drei Jahren auf der Goldschmiedeschule und vier Jahren Studium, also sieben Jahren in Pforzheim bin ich jetzt dann in Berlin angekommen.
Das Leben und Arbeiten im Museum ist anfangs etwas ungewöhnlich, aber das gefühlte 100 mal am Tag fotografiert zu werden und 3-4 mal am Tag sein Schlüssel bei den Wachleuten abzugeben und wieder abzuholen wird dann doch recht schnell zur Routine. Ich fühle mich hier auf jeden Fall sehr herzlich willkommen und gut aufgehoben.

Inzwischen sind die ersten Wochen rum und ich habe mir die Maschinen zeigen und mich in die Techniken einweisen lassen. Am Pforzheim Revisited Projekt habe ich während meines Studiums nicht teilgenommen, daher starte ich hier bei Null. Inzwischen habe ich mich am Zinnguss, Hohlprägen, Guillochieren und Profilwalzen probiert. Ich habe mir kein konkretes Ziel für meine Zeit hier gesetzt, da ich ja noch nicht wusste, wie viele Möglichkeiten auf mich zukommen. Aber ich habe mir ein paar Stücke Corian/Varicor eingepackt und einige Kettenstränge aus Rauchquarz, Perlen und vielem mehr (ja, ich weiß nicht wirklich, was ich da so habe). Diese würde ich gerne in meine Arbeit hier mit einbauen. Vor allem mit den für mich neuen Materialien Corian und Varicor, mit denen ich mich während meiner Bachelorarbeit zum ersten mal beschäftigt habe, wollte ich mich hier weiter auseinandersetzen und sie mit den alten Techniken bearbeiten.

   

   

Bei meinen ersten versuchen damit habe ich eine Menge herausgefunden, was nicht funktioniert. Ich habe erst mal hohlgeprägte Teile und kleine Metallplättchen auf verschiedene Arten erhitzt und habe versucht, sie ins Material hineinzubrennen. Es hat nicht funktioniert. Auch der Versuch, das Metall und die Corian/Varicor Teile gleichermaßen zu erwärmen und zu verbinden, hat nicht funktioniert. Als letztes haben wir versucht, das Material zu erwärmen und es leicht zu prägen. Auch das hat nicht funktioniert. Ich weiß aber jetzt zumindest, wie ich es schaffe, jegliches Harz (und somit Bindungsmittel) heraus zu brennen, um am Ende wieder das reine Steinmehl zu bekommen.
Das Guillochieren der Oberfläche steht noch aus und zumindest das Polieren, Feilen, Sandstahlen, Bohren und Fräsen des Materials funktioniert gut.
Momentan befinde ich mich noch mitten im Ausprobieren, Formfinden und Verbinden. Daher gibt es noch nicht so viel zu sehen, aber ich arbeite fleißig weiter und kann hoffentlich bald etwas mehr zeigen.

Auf jeden Fall schon mal vielen Dank an Andrea und Manfred für die Hilfe und Unterstützung und natürlich 1000 Dank an die Firma Hafner, die mir diese Chance ermöglicht hat!!!!

Bis dann

Luisa


 

20.05.2015

Die Jungs sind zurück in der Stadt….

Letzte Woche gab es hohen Besuch und die “Jungs“ (die Experten aus Pforzheim) und ihre Frauen waren mal wieder auf Stippvisite in Berlin. Neben den obligatorischen Dreharbeiten und Interviews mit den Oldies gab es noch ein großes Essen bei Andrea.
Da ich beim Pforzheim Revisited Projekt vorher nicht mitgemacht habe, musste ich mich dann jetzt auch der ersten und kritischen Begutachtung der Garde der reiferen Jungen stellen. Ich denke, ich bin akzeptiert.

   

Ich habe jetzt die Halbzeit erreicht und nach viel Herumprobieren inzwischen auch zwei Ansätze gefunden, an denen ich hier parallel arbeite.
Zum einen versuche ich verschiedene Motive aus dem Zinnguss mit den Corian-Arbeiten zu verbinden. Mein Ziel ist es, die Motive durch Wiederholung und Anordnung zu Mustern verschwimmen zu lassen oder durch einen neuen Kontext eine andere Assoziation entstehen zu lassen. Ich hoffe, dass es am Ende funktioniert, und man zweimal hinschauen muss ,um die Delfine, Flugzeuge oder Zeppeline als solche zu erkennen.

   

      

Bei meinem anderen Ansatz habe ich mich, wie schon einige vor mir, mit dem Giullochieren beschäftigt. Hierbei versuche ich etwas reduzierter zu arbeiten, da durch die Guilloche schon enorme Wirkung erzielt wird. Ich arbeite mit einfachen, vernieteten, organischen Formen und konzentriere mich momentan hauptsächlich auf Ketten und Ohrringe.

   

In den letzten Tagen haben Andrea und ich auch eine ganze Weile herum getüftelt, um beim Guillochieren ein Pünktchenmuster zu erzeugen. Ganz rund ist es nicht, aber ich bin doch ganz zufrieden mit dem Ergebnis.
Was ich jetzt damit mache, weiß ich zwar noch nicht, aber zumindest weiß ich jetzt, wie es geht.

Bis zum nächsten Mal…
Luisa


 

10.06.2015

Ausflug in fachfremde Gefilde…

In den letzten Wochen habe ich auch ein paar der anderen Möglichkeiten hier nutzen dürfen. Neben einem spannenden Ausflug in die Restauratorenwerkstatt habe ich auch immer mal wieder 1-2 Stunden in der Kofferwerkstatt verbracht. Nach gefühlt 250 Arbeitsschritten ist jetzt mein wunderschöner 30er-Jahre-Aktenkoffer fertig. Die Teile sind zwar nicht mehr so ganz originalgetreu, aber die Arbeitsschritte und Maschinen sind dieselben wie schon vor 100 Jahren.

   

Passend zum Lied habe ich dann auch den Koffer von Hildegard Knef in unserer Kofferabteilung gefunden. Sie hat noch zwei Hüte in Berlin.

   

Mit meinen Schmuckreihen komme ich auch gut voran. Die Armreif- und Kettenformen stehen, die ca. 300 Delfine werden versäubert, die Ketten geknüpft, das Silber poliert und guillochiert und die Reihe von Ohrringe wächst und gedeiht.
Also, es nimmt langsam alles Form an.

   

   

Da ich die Ohrringe gerne selber tragen möchte, aber leider die meisten Legierungen nicht vertrage, mache ich ein paar Stecker für mich aus 750er Gold. Weil ich dann eh schon in Gold investieren musste, habe ich mir auch gleich zwei neue Nasenringe gemacht. Gelbgold poliert und Roségold mattiert. Auf den Fotos erkennt man den Unterschied leider nicht so gut. Aber ich bin sehr glücklich damit.

          

 

 


 

24.07.2015 

Machs gut Berlin, es war sehr schön mit dir…

So, meine Koffer sind gepackt und heute endet meine Zeit hier im Museum.
Also, nochmal ein kurzer Einblick in meine Arbeit der letzten Wochen.
Aus meiner Zinn/Corian-Reihe sind zumindest schon mal 2 Armreifen, 3 Anhänger und 2 dazu gehörende Ketten fertig geworden. Ich schätze, das Bauen von Kastenschlösser sollte man sich doch nicht für die letzten Tage aufheben.
Von den Armreifen sollen insgesamt 4 Stück entstehen, hier unterscheiden sich alle vier ein wenig in der Form und bei der Anordnung der Delfine.

   

Die ersten drei Anhänger bestehen auch aus Corian, Zinngussteilen und Silber. Die Zeppeline sind so vernietet, dass sie beweglich sind und beim Tragen mitschwingen können. Die Scharniere sind auch die Kästen für die Kastenschlösser und alle Ketten enden mit zwei Schneppern. Ketten und Anhänger sind also untereinander austauschbar.
Die Ketten habe ich mit viel Hilfe von Andrea und nach den Anweisungen von Herbert gefertigt.
Wir haben Scharnier in die richtige Form gezogen, eine Kette fürs Innere angepasst, die Oberfläche des Scharniers bearbeitet, es dann in kleine Stücken gesägt, versäubert und auf die Kette gezogen.
Auf den Bildern wird es leider nicht deutlich, aber die Ketten sind unterschiedlich lang und eine ist eismatt, die andere poliert

   

   

Bei der Guilloche-Reihe sind einige Ohrringe fertig geworden und viele müssen nur noch vernietet werden. Die Ketten dazu sind leider auch noch nicht fertig, aber ich nehme jede Menge Material, Arbeit, Inspiration und Ideen mit nach Hause und werde Zuhause daran weiter arbeiten.. und sicher noch ganz oft zurück nach Berlin kommen und weiter Ausprobieren und meine Sachen weiter entwickeln.

Vielen Dank an alle, die mir diese Zeit hier ermöglicht und sie so schön gemacht haben!

Ich wünsche Johanna eine gute und produktive Zeit.

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