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STIPENDIUM IM MUSEUM

Schmiede des Manufakturelle Schmuckgestaltung e. V.

Stipendiat*innen bloggen über ihre Projekte

Für Absolvent*innen des Studiengangs Schmuck der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim vergibt die Pforzheimer Firma C. Hafner seit 2011 regelmäßig ein Stipendium. Die Gewinner*innen arbeiten drei bis sechs Monate lang in der historischen Goldschmiede des Deutschen Technikmuseums in Berlin, um mit den manufakturellen Techniken zeitgenössischen Schmuck in Kleinserien oder Unikate herzustellen. ​

Es geht hierbei um die Vermittlung, Bewahrung und Tradierung der alten Verfahrenstechniken durch junge Schmuckschaffende. Auf diesem Blog werden die Erfahrungen und Ergebnisse der Stipendiat*innen zusammengetragen. 

Schmiede des Manufakturelle Schmuckgestaltung e. V.

Aaron Fischer

Die Sache mit …

Stipendiat 2017

 

 

14.11.2017

Intro

Ein großes Hallo erst mal!

Hiermit meldet sich der 13te Stipendiat aus dem Museum! Auch Aaron genannt, manchmal auch Aaaron. Je nach Gusto.

Wie man schon auf dem Kärtchen sieht, bin nun ich schon fast zwei! Monate im Museum und melde mich somit etwas spät. Ich habe mich leise und heimlich im Museum eingeschlichen. Der erste Monat war noch etwas zerrissen mit Ausstellung und anderen notwendigen Reisen, welche ich nicht vorhergesehen hatte.

Das hört sich jetzt so an, als ob ich nichts gemacht hätte, was natürlich rein gar nicht stimmt!

Ich war schon fleißig und habe (fast) alle Maschinen und Techniken, die es so hier gibt, ausprobiert, vom Ausstanzen bis zum Zinngießen. Die Werkstatt und das Museum sind ein wahres Paradies und ein Spielplatz von Möglichkeiten, den ich die nächsten Monate ausreizen werde.

Hier ein kleiner Überblick der Sachen, die ich bis jetzt ausprobiert habe:

Besonders interessiert mich das Prägen und die Neuanfertigung der Prägewerkzeuge, was mich schon im 4. Semester im Rahmen des Pforzheim Revisited-Projekts beschäftigt hatte.

Wie man sieht, habe ich passend zu Halloween schon Totenköpfe geprägt, das Gesenk dazu habe ich kurzer Hand in den noch weichen Stahl graviert. Probestücke lassen sich so schon herstellen, aber auf lange Sicht muss der Stahl noch gehärtet werden.

Auch die Herstellung von Dosen und Verpackung hat mich in den vergangenen zwei Monaten nicht losgelassen. Als erstes habe ich eine Dose aus Prägeteilen des Museums gefertigt, welche eine eingebaute Schnappfunktion hat, und danach eine rein handgefertigte Dose.

   

Der Grund für die runde Dose war eine Überlegung: Wie kann man eine versiegelte Verpackung machen, welche sich nach dem Öffnen nicht mehr auf die selbe Weise versiegeln lässt, aber trotzdem noch als Dose verwendbar ist. Eine Art Hybrid aus Überraschungsei und Fabergé. Ein Überraschungs-Fabergé-Ei sozusagen.

Für die runde Dose fehlt noch eine Versiegelung, welche durch das Guillochieren einzigartig gemacht werden könnte. Ähnlich den Zeichnungen auf den Geldscheinen, wo auch das Guilloche zum Einsatz kommt.

Die nächsten Wochen werde ich mich daran versuchen, denselben Gedanken in Papier umzusetzen.

Gerade lasse ich eine Form in 3D drucken, mit der sich hoffentlich in frischer Papiermasse Teile für Dosen pressen lassen. Netterweise darf ich auch in anderen Abteilungen und Werkstätten arbeiten und somit werde ich demnächst ein wenig Zeit in der Papiermanufakur verbringen.

Was dann überhaupt in die Dose kommt, und ob die Form der Dose den Inhalt bestimmt, der Inhalt die Form der Dose oder ob die Dose an sich der Inhalt ist, und was das alles dann mit dem Prägen und dem Guillochieren auf sich hat, das sind die Fragen, die in den nächsten Monaten geklärt werden!

Ich werde euch auf dem Laufenden halten!


13.02.2018

Die Sache mit der Verpackung

Die letzten Monate gingen super schnell vorbei und ich werde die unterschiedlichen Projekte, die ich verfolgt habe, nun der Einfachheit halber, in unterschiedlichen Kapiteln erläutern und davon berichten.

Anfangen werde ich da, wo ich das letzte mal aufgehört hatte.

Die Sache mit der Verpackung

Wisst ihr noch, wie ich die Verpackung mit der Dose als Vorbild aus Papier bauen wollte?

Ganz so wie ich mir das vorgestellt hatte, hat es leider nicht funktioniert, aber zum Glück ist man ja flexibel und findet andere Lösungen oder Ansätze.

Aber alles hat seine Ordnung und ich schildere mal euch, wie das alles abgelaufen ist.

Ich hatte mir im Museum Formen in 3D drucken lassen, mit denen ich mir erhoffte, das frisch geschöpfte Papier zu pressen. Zwischen zwei Heizplatten gepresst und auf 50°C erwärmt, habe ich das Papier sozusagen in Form gebügelt. Das Papier musste noch nass sein, damit es seine Form behält. Man könnte es sich wie fortgeschrittenes und etwas kompliziertes Pappmaché vorstellen.

Das Trocknen dauerte aber viel zu lange und das Plastik half nicht unbedingt bei dem Prozess, so dass das Papier zu müffeln angefangen hatte. Als es dann an der Luft getrocknet ist, hatte es sich endgültig auch noch stark verzogen.

    

Um das Problem der Trocknung zu umgehen, hatte ich als nächstes Gips im Sinn. Da dieser bis zu einem gewissen Grad Luftdurchlässig und sehr saugstark ist, könnte er dieses Problem lösen.

Also Gips gekauft und Formen gebaut, ein paar mehr als nötig, da ich etwas mit dem Trennmittel experimentieren musste. Und sobald diese endlich Trocken waren (zwei, drei Tage über der Heizung) konnte endlich wieder gepresst werden. Die Trocknung war eindeutig optimiert, der Gips sog und die Heizplatten heizten. Dummerweise dauerte das Ganze immer noch einen guten Tag, und das für nur eine Hälfte der Verpackung. Wenn man das in seinem Kopf grob durchrechnet, merkt man schnell, dass es sich nicht wirklich lohnt… Da ich das, was ich hier in diesem Stipendium lerne und entwickle, gerne später auch weiter nutzen möchte, muss ich mir was anderes einfallen lassen. Und als ob die Papiere meinen Gedanken unterstreichen wollten, hatten sie sich nach einer Woche gemeinsam verzogen.

Zeitlich gesehen stand dann schon bald Weihnachten vor der Tür und ich hatte mich erst mal anderen Dingen gewidmet, die ich auch noch schildern werde.

Nach Weihnachten hatte ich einen neuen Gedanken gefasst. Was ist, wenn ich den Schmuck direkt im Papier einpacke? 

Gesagt, getan. Und siehe da: es funktioniert! Das Papier verzieht sich noch immer, aber in der neuen Ästhetik passt das nun besser. Das Papier lässt sich nun auch im nachhinein, wenn es schon getrocknet ist, gut prägen.

  

Das ist nun der neueste Stand in Sachen Verpackung, ob auch größere und sperrigere Schmuckstücke gut passen, muss ich noch ausprobieren, aber leider ist der nette Kollege Martin aus der Papiermanufaktur zurzeit nicht anwesend. Aber sobald er wieder das ist, geht es gleich weiter.


02.03.2018

Die Sache mit dem Werkzeugbau

Seit Anfang diesen Jahres habe ich auch wieder den Werkzeugbau aufgenommen. Mein Plan ist eine Löffelform, in der nur die Laffe geprägt wird und nicht der Stiel.
Das würde die Freiheit schaffen, den Stiel frei zu gestalten und trotzdem eine einheitliche Laffe zu haben, es wäre ein Hybrid aus Handarbeit und maschineller Herstellung, welche die Vorteile beider nutzen würde. Da auch die Laffe meistens das Aufwändigste an einem Löffel ist ,wenn man ihn in Handarbeit fertigt, ist die Prägeform eine gute Möglichkeit, Zeit zu sparen.

  

Angefangen habe ich damit, ein Stück vom Werkzeugstahl abzusägen und die Löffelform grob vorzufräsen. Auch hier habe ich wieder die nette Unterstützung aus der Restaurationsabteilung genossen.
Danach bin ich dazu übergegangen, die grobe Form per Feile zu verfeinern bis hin zum Schmirgelpapier. Ein mühsamer Prozess, aber wenn man an die vielen Löffel denkt, die damit hoffentlich geprägt werden, wird das Arbeiten leichter!

  

Jetzt muss die Form noch gehärtet werden. Dazu habe ich sie einer externen Firma übergeben, die auf solche Arbeiten spezialisiert ist. Obwohl ich die Prinzipien des Härtens kenne, wollte ich das lieber Profis überlassen. Sollte ein Fehler in der Härtung sein, könnte die Form im Prägeprozess unter dem enormen Druck zerbersten. Was gefährlich für Mensch wie Maschine ist.

Um die Negativform zu erstellen, habe ich Kontakt mit einem Stahlgraveur aus Pforzheim aufgenommen, welcher mir zurzeit mit Tips und Tricks zur Seite steht. Sobald die restlichen Materialien kommen, werde ich das weiter ausführen können, wie das abläuft.


09.07.2018

WAS ZULETZT GESCHAH UND EIN FAZIT

Stahlformen machen kann ätzend sein… har har.
Die Zweideutigkeit wird sich gleich erklären.

Bei der gehärteten, positiven Löffelprägeform waren wir das letzte mal stehen geblieben.
Wie wird dann aber die Negativform perfekt passend in das zweite Stück Stahl gearbeitet?
Da mir das letzte Mal noch Materialien fehlten, konnte ich noch nicht mehr sagen.

Handwerklich gibt es zwei Möglichkeiten: einmal grob vorfräsen und dann immer genauer werden mit Feilen, Meißeln und Schmirgelpapier. Das Positiv wird dabei immer wieder ins Negativ gedrückt, und da wo blank gedrückte Stellen entstehen, muss logischerweise Material weggenommen werden. So nähert man sich nach und nach der finalen Form.

Die zweite Möglichkeit ist vom Prinzip her ganz ähnlich. Nur dass man mit Säure arbeitet (aha!)
Nach dem Vorfräsen wird das Negativ mit Asphaltlack eingestrichen. Während dieser noch aushärtet, drückt man das Positiv in die Form. Logischerweise müssten an den Berührungspunkten blanke Stellen entstehen. Man säubert das Positiv und drückt es wieder rein. Bis kein Lack mehr hängenbleibt.
Die Stellen, die geätzt werden sollten, sind jetzt blank und der Rest ist geschützt durch den Asphaltlack. Man kann dann die Säure in die vorgewärmte Form gießen. Nach ca. 15-30 Sekunden sollte man die Säure entfernen. Wenn der Vorgang wiederholt wurde, sollten die blanken Stellen größer sein. Man macht so lange weiter, bis die gewünschte Tiefe erreicht ist und alles blank ist nach dem Eindrücken. Die Form sollte perfekt passen.

      

Genau das habe ich mit meiner Löffelform gemacht. Ca. 70 mal geätzt und damit ungefähr die Tiefe erreicht, die ich angepeilt hatte. Gerade noch rechtzeitig für die Abschlussausstellung. Hatte eindeutig länger gedauert als erwartet, und ist nicht gerade gesund durch die Lösemitteldämpfe und die Säure. Eine etwas leidige Arbeit, welche sich aber trotzdem lohnt. Mit dieser Form sollten sich jetzt Laffen mit unendlich Variations- und Kombinationsmöglichkeiten in Form und Technik prägen lassen.

Das Fazit

Sechseinhalb Monate war ich jetzt in Berlin, habe gelebt, geforscht, bin Spuren nachgegangen, habe mich verloren, experimentiert und schließlich mich wieder gefunden. Ich hatte die Möglichkeit, mich mit teilweise aussichtslos wirkenden Projekten zu beschäftigen und dadurch Sachen gelernt und herausgefunden, die ich sonst nie hätte herausfinden können. Die Kombination aus Freiheit, Zeit, verschiedenste Werkstätten und Menschen mit tollem Fachwissen und der Bereitschaft zu helfen, ist einzigartig und umso reichhaltiger. Ich bin glücklich, die Chance gehabt zu haben, und ich hoffe, dass ich in Zukunft meinen Teil dazu beitragen kann, mit einer neuen Facette des Fachwissens, die Projekte MANUFAKTURELLE SCHMUCKGESTALTUNG, Schmuck verbindet, Pforzheim Revisited ein wenig wertvoller zu machen. Ich bin mir sicher, das Stipendium wird mich noch lange begleiten.

Ich bedanke mich bei all den Menschen, die mir im Museumsalltag als Freunde und Helfer beigestanden sind. Vor allem Andrea Grimm, Martin Schröder und Stefan Schleyer, die mich tatkräftig bei meinen Hirngespinsten unterstützt haben (Martin hat mir sogar zu einem Papiersieb verholfen!).
Auch möchte ich mich bei Herrn Zöllner bedanken, der mir die Tipps für die Stahlformen zugesteckt hatte. Vielen Dank an die Firma C. Hafner, die das Stipendium jedes Jahr möglich macht.

Ich werde die Zeit mit meinen Kollegen in der Werkstatt vermissen!

Bis irgendwann

Aaaron Fischer, Ex-Museumsphantom

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