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STIPENDIUM IM MUSEUM

Schmiede des Manufakturelle Schmuckgestaltung e. V.

Stipendiat*innen bloggen über ihre Projekte

Für Absolvent*innen des Studiengangs Schmuck der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim vergibt die Pforzheimer Firma C. Hafner seit 2011 regelmäßig ein Stipendium. Die Gewinner*innen arbeiten drei bis sechs Monate lang in der historischen Goldschmiede des Deutschen Technikmuseums in Berlin, um mit den manufakturellen Techniken zeitgenössischen Schmuck in Kleinserien oder Unikate herzustellen. ​

Es geht hierbei um die Vermittlung, Bewahrung und Tradierung der alten Verfahrenstechniken durch junge Schmuckschaffende. Auf diesem Blog werden die Erfahrungen und Ergebnisse der Stipendiat*innen zusammengetragen. 

Schmiede des Manufakturelle Schmuckgestaltung e. V.

Eva Knoch

508 - 15

Stipendiatin 2019

 

 

13.06.2019

5 0 8 . 1 5 . 1 . a u f w ä r m e n

 

„fünf null acht !“ ………………………

„fünf null acht !!!“ ………………………

moment mal. in die arbeit vertieft, dauert es eine weile, bis mein hirn kombiniert hat und ich mich angesprochen fühle. „fünf null acht! denken sie daran das fenster zu schließen!“ 

ich verstehe, dass es bei diesen ständig wechselnden stipendiat*innennamen einfacher für den wachschutz ist, das neue gesicht dem zimmerschlüssel zuzuordnen, den es eh dauernd ausgehändigt bekommt. und wenigstens der bleibt wahrscheinlich auch die nächsten fünfzehn stipendiat*innen der gleiche. 

h a l l o ! ! !

 

hier schreibt also 5-0-8. ich war schon eine weile auf der suche nach einem pseudonym. ich mag struktur. und anonymität. also finde ich eine nummer sehr passend. 

es ist woche_6 für mich im museum und somit offiziell schon fast halbzeit. inoffiziell darf ich noch einen monat länger bleiben. zum glück! denn jetzt wirds langsam spannend. aber schritt für schritt:

wenn ich etwas neues anfange, habe ich meistens keine konkreten pläne. ich arbeite Verschiedenes vor mich hin, bis meine aufmerksamkeit an etwas hängen bleibt, ich etwas vertiefen will. in woche_1 habe ich recht klassischen schmuck gemacht, um mit werkstatt, maschinen, bedingungen und möglichkeiten warmzuwerden, mich einzugrooven. 

      

creolen und cuff ::: hohlgeprägt an der spindelpresse

antisiegelring ::: geprägt am fallhammer 

verwendete gesenke und pfaffen

         

     

edit: metall in notizen geprägt


 

14.06.2019

5 0 8 . 1 5 . 2 . i m s a n d s p i e l e n

 

nach woche_1 maximal leicht angewärmt auf der suche nach der fesselnden tätigkeit. spindelpresse? kenne ich schon. gesenke meißeln? hab ich schon gemacht. guillochieren? könnte passen, aber da muss ich mich immer so konzentrieren. ich will spielen! wenn ich auch sonst keine pläne habe, spielen gehört zum obersten gebot beim ideen entwickeln. sand scheint dafür geeignet zu sein. 

also an den sandguss herangetastet. selbst eine einfache „kreis“form (frei hand in den sand geritzt) hat ein paar versuche gebraucht, bis ich sie zum ausfließen bekommen habe. dann verschiedene materialien (glasperlen, plastik, haare, papier, messing) mit in die form gelegt und dabei festgestellt, dass zinn mit seinen 320C (hat es in unserem schmelzofen) nichts davon irgendwie angreift. nicht einmal papier wird von dem flüssigen zinn angegriffen, entzündet, verkokelt… immernoch w e i ß! faszination nummer eins!

   

frei in sand ritzen ist fast in sand schreiben. um die „schönere“ seite lesbar zu haben muss ich spiegelverkehrt schreiben.

      

– – – – – papier bleibt unversehrt trotz heißem zinns. ich schreibe in sand – – – – klar! ich könnte schrift auf papier gießen. ich mache ein loch ins papier in der hoffnung, dass es eingegossen wird. 
check!

   

ganz beiläufig habe ich wieder einen weg gefunden, mich mit meinen lieblingsthemen zu beschäftigen. papier und schrift. beides verfolgt mich seit meinem studium. 
jetzt bin ich warm.

schrift in mehrlagiges papier gecuttert. in sandform gebettet. zinnguss.

         

      

   

want-to-do-liste ::: gießsand selbst anmischen, sodass ich sand von bestimmten orten als formsand benutzen kann ::: dafür „rezept“ recherchieren und sand suchen ::: edelmetall in, an, um papier gießen (jaaaaaa, das papier wird verbrennen, aber wer weiß, was noch passiert)


 

16.06.2019

5 0 8 . 1 5 . 3 . p a p i e r g u s s

warum eigentlich das papier in sand betten, wenn es beim zinnguss ohnehin unversehrt bleibt? also: reine papierformen.

bisher waren die papierformen nur ca. acht seiten stark.
für mehr materialstärke habe ich einfach einen katalog zusammengekleistert. ordentlich trocknen lassen! heißes zinn und wasser sind eine explosive mischung. form aussägen. zwischen magazine und holzplatten klemmen. zinnguss.

         

   

und warum eigentlich die form aus mehrern teilen zusammensetzen? ich könnte doch auch direkt in ein magazin gießen.
funktioniert! die fotostory zeigts:

        

       

 

want-to-do-liste ::: in magazine und bücher gießen ::: evtl. die buchstaben nicht mehr flach, also parallel zu den seiten aufbauen, sondern quasi auf dem buchrücken stehend


 

26.10.2019

5 0 8 . 1 5 . 4 . m i t z i n n s p i e l e n

    

bei dem zinnguss direkt in eine zeitschrift (siehe 508.15.3) habe ich festgestellt, dass sich die buchstaben der seite, die dann auf dem guss liegt, auf diesem abbilden. teilweise richtig plastisch. faszination nummer zwei!!! 
um diesem effekt nachzugehen, habe ich zinn direkt auf die seite eines katalogs gegossen. katalog geschlossen und druck auf katalog ausgeübt. it`s magic! die buchstaben erheben sich aus dem metall.

   

 

naja. weniger magie. eher chemische und physikalische vorgänge, über die ich aber nur wilde theorien anstellen konnte. fundierte fachliche infos habe ich hierzu (noch) keine. falls wer ahnung hat, gerne bei mir melden!

ich konnte nur beobachten. das ergebnis ist abhängig von druckfarbe und papierart, temperatur des metalls, gussgeschwindigkeit, druck auf die zeitschrift nach dem gießen usw.
ich habe versucht, eine kleine studie dazu zu machen, indem ich dieselben farbmaterialien auf verschiedene papiere gebracht und darauf gegossen habe:

         

      

hat spaß gemacht und es gab auch unterschiedliche effekte. dass sich die buchstaben aber so explizit erheben, funktioniert nur mit der druckfarbe, die für zeitschriften in höherer auflage verwendet wird.


 

27.10.2019

5 0 8 . 1 5 . ∞ . w a s s o n s t n o c h g e s c h a h

 

ich hatte mir ja vorgenommen (siehe 508.15.2.), den formsand selbst zu mischen. andrea hatte da ein rezept für mich: man mische bentonit (gemörsertes katzenstreu) mit sand (original museumssand vom spielplatz an der mühle, fein gesiebt) und einem hauch wasser, fertig ist der formsand. hat gut funktioniert. nur das mörsern und sieben dauert recht lange. durch die wahl des siebes hat man einfluss auf die körnung des sandes (abhängig von der maschendichte des siebes).

oben: handelsüblicher formsand 
unten: DIY

das andere vorhaben war, edelmetall in papier zu gießen (siehe 508.15.2.). ich habe ein buch als gussform präpariert und silber hineingegossen. auch hier wurde ich überrascht. der bereitgestellte eimer wasser kam zum glück nicht zum einsatz. die seiten, die mit dem flüssigen silber in kontakt kamen, sind gut angekokelt, gebrannt hat allerdings nichts. in dieser zeit war „hier riechts aber komisch!“ keine seltene aussage, wenn die museumsbesucher die schmuckabteilung erreichten.

   

so versuchte ich ringe in papier zu gießen.

   

auch hierzu wieder eine kleine studie: wieviel lagig muss das papier mindestens sein, funktioniert das mit jedem papier gleich gut, geschnitten oder gesägt, wo der gusskanal, ….


um nebenher auch mit schrift zu arbeiten, habe ich handgeschriebenes in stahl graviert und hohlgeprägt…………….

v.o.n.u. handgraviertes gesenk, bleipfaff, brosche aus messing feingoldplattiert

……….und mich im emaillieren versucht. das blech ist so dünn gewalzt, dass darauf zu schreiben, eine spur hinterlässt. von dieser spur rutscht das email leicht hinunter, was die schrift wieder hervorhebt.

   

das waren ganz kurz umrissen meine letzten wochen im museum. inzwischen ist das zwei monate her. die liebe anna steht schon in den startlöchern. ich bin gespannt, was sie uns zeigt!

die zeit im museum war super spannend! vielen dank, andrea, dass du mich hast spielen lassen. ich empfand es als sehrsehr wertvoll, dass du es ermöglichst, dass wir stipendiat*innen so frei arbeiten können. danke natürlich auch an die firma c.hafner, die das stipendium ermöglicht. danke an habibati und habibi für eure tatkräftige und mentale unterstützung „isch vermisse eusch“ ???? 
und komme wieder!

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